Das wurde ich im Zusammenhang mit dieser Seite für den Xovilichter Wettbewerb gefragt. Die kurze Antwort auf diese Frage ist:

Ja auch, aber nicht nur!

Es wurde Second Life das Image angehängt, eine einzige große Sex-Spielwiese für alle nur erdenklichen Phantasien und Fetische zu sein, einschließlich Pädophilie.

An diesem Image sind die Medien, insbesondere in den USA und Deutschland, nicht ganz unschuldig. Einzelne Fälle wurden aufgebauscht und dem Leser als typisch für Second Life verkauft.

Das ist natürlich Blödsinn!

Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an die Anfänge des WWW. So Mitte bis Ende der 90ziger Jahre. Damals gab es genau den gleichen Aufschrei gegen das böse World Wide Web.

Die gefühlte Anonymität des Internets verlockte viele Nutzer, mal Dinge zu probieren oder sich anzuschauen, denen sie im wirklichen Leben wohl eher aus dem Weg gegangen wären. Sei es SM-Spielchen, BDSM, Gruppensex oder was auch immer. Entwickelte sich das Internet deswegen zu einer einzigen großen Sex -Orgie oder Porno-Fabrik?

Nein, natürlich nicht.

Es gibt diese Inhalte im Internet. Grundsätzlich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Wo es Menschen gibt, wird auch gesexelt.

Das ist normal, natürlich und der Grund warum wir so viele sind.

Für mich sind Pornofilme sowieso ein unerklärliches Phänomen: Keiner schaut sie an, aber die Betreiber zählen Ihre Klicks in Millionen. Erotische Inhalte stellen nur einen kleinen Teil aller über das Internet verfügbaren Inhalte dar.

Genauso ist das auch mit Second Life.

Wie das Internet, ist Second Life nur das Medium. Die Inhalte werden von den Nutzern selbst erstellt. Die Nutzer entscheiden wofür sie diese Plattform benutzen. Wenn das Sex ist, dann ist das eben so, so lange man sich an gewisse gesetzliche Vorschriften hält und keinem auf (an) die Eier geht – buchstäblich und im übertragenen Sinne.

In Second Life läuft das so, wie wir Deutsche das lieben: geregelt!

Um zu verstehen wie das genau läuft, muss ich etwas weiter ausholen und erklären wie Second Life aufgebaut ist:

Mainland Versus Private Estates

Der Betreiber von Second Life stellt im Prinzip nur die Oberfläche zur Verfügung. Damit ist gemeint, den Server, die Software (Simulator auch SIM genannt) und die virtuelle Landfläche (auch „der Grid“ genannt).

Es gibt dabei zwei verschiedene Arten von Land. Zum einen das sogenannte „Mainland“ und die „Private Estates“.

Die beiden unterscheiden sich vor allem dadurch, dass auf dem Mainland die einzelnen Parzellen (auch „Regions“ genannt) zu einer großen Landmasse zusammengefügt und in Kontinente unterteilt sind.

Die „Private Estates“ dagegen sind unabhängige, im Privatbesitz des jeweiligen Nutzers befindliche Regionen die weder mit Private Estates anderer Nutzer, noch mit dem Mainland verbunden sind. Ein „Private Estate“ hat also keine Nachbarn und ist ausschließlich per Teleport zugänglich und das nur dann wenn der Eigentümer den Zutritt öffentlich gemacht hat.

Alterseinstufungen

Wer ein solches Estate erwirbt, muss dieses zwingend klassifizieren. Man hat die Wahl zwischen 3 Klassifikationen: G = Generell, M = Moderat, A = Adult.

Wer auf seinem Estate Inhalte erotischer Natur erstellen und öffentlich machen will, MUSS seine Region also als A kennzeichnen. Wenn nun ein Nutzer solch eine Region betritt, erscheint oben im Viewer das kleine rote A um ihn darauf hinzuweisen, dass er eine Region betritt, auf der möglicherweise Inhalte zur Verfügung gestellt werden, die nur für Erwachsene geeignet sind.

Wer das nicht sehen will, muss halt wieder gehen.

Auf dem Mainland ist das noch einfacher geregelt. Das Mainland besteht aus 9 Kontinenten. Einer davon, der „Zindra Continent“ ist in seiner Gesamtheit als A gekennzeichnet, während alle anderen als M oder G gelten.

Wer also beispielsweise einen Swinger-Club auf dem Mainland eröffnen will, muss eben Land auf Zindra erwerben, da solche Inhalte auf dem Rest des Mainlands nicht erlaubt sind.

Die meiste Landfläche auf dem Mainland ist als M = Mature klassifiziert. Wer genau wissen will, was in den jeweilig klassifizierten Regionen erlaubt ist und was nicht, dem sei die Lektüre des Second Life Wikis unter „Alterseinstufungen“ empfohlen.

Wie ich schon sagte: Es ist genau geregelt, was wo geht und was nicht!

Es geht aber noch weiter:

Per default ist die Suchfunktion des Viewers so eingestellt, dass A klassifizierte Inhalte NICHT angezeigt werden. Um das zu ändern, muss man sich mit seinem Konto auf der secondlife.com Website anmelden und sein Alter verifizieren.

Das war es dann auch schon mit der Anonymität, Datenschützern zum Greuel , Jugendschützern noch zu wenig.

Immerhin ist nun jeder mit mindestens seiner E-Mail Adresse, meist aber auch mit Zahlungsdaten (Kreditkarte) erfasst, der theoretisch auf erotische Inhalte zugreifen könnte.

Damit noch nicht genug:

Man muss nun im Viewer noch die Einstellungen ändern, um in der Suche Adult klassifizierte Inhalte angezeigt zu bekommen bzw. auf solche Estates bzw. den Zindra Kontinent Teleportieren zu können.

Wer auf dem Online Shop für virtuelle Güter, dem sogenannten Marketplace, erotische Artikel einkaufen will, muss ebenfalls angemeldet und altersverifiziert sein – sonst geht gar nichts.

Niemand, der das nicht explizit will, wird also jemals Inhalte sexueller Natur in Second Life zu sehen bekommen, und wer es will muss ein wenig Aufwand betreiben um solche Inhalte überhaupt finden zu können.

Wie viele Regionen mit A-Klassifizierten Inhalten gibt es eigentlich?

Stand Mai 2014, setzt sich der Grid wie folgt zusammen (Anzahl Regionen):

  • Alle Regionen: 26102
  • Generell: 3470
  • Moderat: 17904
  • Adult: 4722
  • Offline: 6
  • Gesamtfläche: 1710.62 km²

Von den 4.722 Adult Regionen liegen nur 346 auf dem Mainland (Zindra), der Rest sind Private Estates. Mit anderen Worten: Mainland Sex Regionen entsprechen ca. 1.3 % der Gesamtfläche des Grids und 4.9% des Mainlands. Alle Sex Regionen zusammen (Mainland + Private Estates) entsprechen dagegen ca. 18 % des gesamten Grids.

„Das Zeugs“ ist also nicht nur gut versteckt, sondern auf dem Mainland auch noch sehr spärlich vertreten und eher auf Private Estate zu finden. Dennoch treffen wir auch hier auf das oben genannte Paradoxon: Keiner geht angeblich hin, aber die Regionen erfreuen sich an sehr gutem Traffic.

Was ist der Kick daran?

Nun darüber wurde schon viel geschrieben, das muss ich nicht auch noch tun. Hier ein Paar Links zum Thema wer sich damit intensiver auseinander setzten will:

John Rider über die Psychologie des Cyperspace:
http://users.rider.edu/~suler/psycyber/getneed.html

Studie der Stanford University zum Thema.
http://vhil.stanford.edu/pubs/2013/fox-chb-sexualized-virtual-selves.pdf

Ein Artikel darüber im Guardian
http://www.theguardian.com/technology/2008/sep/04/virtualworlds.secondlife

Was sind das für Inhalte die man auf den A-Rated Regions so vorfindet, wird sich der/die eine oder andere Fragen. So ziemlich alles was es im wirklichen Leben auch gibt, einschließlich des ältesten Gewerbes der Welt.

Leider kann ich Euch hier keine expliziten Screenshots zeigen, denn es geht da schon zur Sache nicht zulässig. Wer es also genauer wissen willen, muss sich anmelden und schauen.

Wer will, kann sich gerne bei mir melden, ich mach dann den „Tourguide“. Auch gerne aufgeschlossene Blogger oder Presseleute.

Inworld Name : Sleen Squall

Nein, ich stehe nicht als Versuchskaninchen zur Verfügung!

Quellen und weiterführende Informationen:

Alterseinstufungen in Second Life:
http://community.secondlife.com/t5/Deutsche-Knowledge-Base/Alterseinstufungen/ta-p/700197

Datenbank aller Second Life Regionen:
http://gridsurvey.com/

Der Spiegel unterwegs in Second Life:
http://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/second-life-tagebuch-sex-am-strand-a-465413.html

Aus erster Hand: Diskussion von Second Life Residenten über das Thema Sex in Second Life:
http://www.slinfo.de/forum/showthread.php?t=1323

Interessantes Interview mit einer Behinderten: Second Life als Sex Ersatz:
http://www.vice.com/de/read/second-life-als-sex-ersatz

Ein „Guide“ : Wie hat man Sex in Second Life?
https://www.second-life-adventures.com/second-life-sex/

Marktplatz für virtuelle Güter:
http://marketplace.secondlife.com

Escortagentur in Second Life
https://slescorts.net

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Comments to: Ist Second Life eine Sex Spielwiese?
  • Juni 4, 2014

    Wer kontrolliert, ob sich nicht Kinder oder Jugendliche mit den Kreditkarten Daten ihrer Eltern oder gar fremden Daten aus dem Netz anmelden? Solange diese Karten Daten nicht dazu benutzt werden, um Transaktionen innerhalb SL durchzuführen, wird keiner bemerken, dass hinter einer solchen Identität ein Minderjähriger steckt…

  • Juni 5, 2014

    Was es auf den Adult-Sims gibt?

    Bei Weitem nicht nur alles, was es in Real auch gibt, sondern noch weit abgedrehtere Dinge, die eben NUR in einer virtuellen Welt möglich sind.
    Und damit meine ich jetzt nicht mal nur, dass man sich im Virtuellen nicht wehtun kann, dass Sachen und Tätigkeiten nicht „gefährlich“ sind.
    Sondern ich meine alles mögliche, die es im realen Leben einfach nicht geben kann. Zum Beispiel alle nur erdenklichen Arten von Fabeltieren, Wesen, die halb Mensch, halb Tier sind, Avatare, die extreme Körperformen in jeglicher Richtung haben.
    Und für all diese Wesen/Erscheinungen etc. gibt es normalerweise auch Möglichkeiten, Sex zu haben. D.h., man kann auf dem Marketplace kaufen, was man dazu braucht… entsprechende Körperteile, Bewegungsabläufe, sogenannte Animationen, Utensilien, Möbel und alles sonstige, was ein „kinky mind“ sich noch so ausdenken kann.

    Aber… wie Xovi schon schrieb, man muss sich erst mal „altersverifizieren“.

    Und dann kommt es noch drauf an, sich entsprechend eben auszustatten und die richtigen Sims zu finden, wo das abgeht, was man sucht.
    Ausstattung ist wichtig. Und auch ein wenig Stil.
    Nichts finden die meisten Spieler schlimmer als „Newbie-Avas“, die sich weder in Sachen Ausstattung noch vor allem auch in Sachen Benehmen auch nur die geringste Mühe geben.

    Auch in SL gilt vielerorts, „wer f****n will, muss freundlich sein“ (oder aber zahlen… ^^).
    Ich möchte dazu einen Satz zitieren, den ich neulich in einer lustigen Liste mit dem Titel „Woran man merkt, dass man SL-süchtig ist“ fand:
    „… wenn man durch´s reale Amsterdam oder Frankfurt läuft und sich eigentlich nur wundert, dass da keiner laut „F***EN?“ schreiend durch die Gegend läuft.“

    Ich persönlich glaube, dass es jede Menge Accounts gibt, die seit langem nicht genutzt werden, weil die Menschen, die sie sich eröffneten, dem Irrglauben unterlagen, DASS SL eben nichts als eine virtuelle, interaktive Sex-Welt ist und die dann sehr schnell feststellten, dass sie mit dem oben zitierten Verhalten leider gar nicht so wirklich „zum Schuss“ kamen.

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